Ist mein Leben instagrammig?

Im Zug, irgendwo in Deutschland, 18.04.2018. Ich wollte schon die ganze Zeit mal über Instagram schreiben. Jetzt könnte ich sagen: Christoph Amend ist mir im ZEIT-Magazin der vergangenen Woche mit seinem Beitrag „Die Quadratur der Welt“ zuvorgekommen. Stimmt aber nicht, da ich nicht wirklich mit Herrn Amend konkurriere… Zudem verfasse ich keinen Artikel, sondern eben „nur“ eine Notiz. Ich berichte über mein Nutzungsverhalten, lasse die Inhalte des ZEIT-Artikels aber auch ein wenig miteinfließen. Sie sind nämlich interessant. Ich bereite die Notiz so auf, dass die älteren Leser meiner Notiz gedanklich folgen können. Von denen gibt es ein paar…

Was ist Instagram?

Instagram ist eine App, zählt zu Social Media und setzt da, wo Twitter Worte braucht, auf die Wirkung von Photos. Instagram wird von mehr als 800 Millionen Menschen weltweit genutzt, wahrscheinlich kommen minütlich ein paar hundert hinzu, und viele verwenden es als bildliches Tagebuch. Das gipfelt relativ häufig in einer ziemlichen Nabelschau. Christoph Amend erklärt es so: „Instagram ist eine Mischung aus Unterhaltungsprogramm und Bilderalbum, das sich jeder Nutzer selbst zusammenstellt, je nach Geschmack und Interessen, und in dem private Freunde gleichberechtigt neben Lady Gaga auftauchen können, im selben quadratischen Format. Man muss ihnen nur folgen.“

Und wie nutze ich es?

Ich folge ganz wenigen, habe nur ein Dutzend Accounts abonniert und bekomme deren Posts damit automatisch angezeigt, wenn ich die App öffne. Das sind vor allem Freunde von mir, die nicht sich selbst dokumentieren, sondern zum Beispiel als Fotografen arbeiten und immer mal wieder eine eigene Arbeit zeigen. Es gibt zusätzlich aber einige Profile, die ich regelmäßig, aber nicht häufiger als zwei Mal die Woche aufrufe. Das kann ein Klamottenladen um die Ecke meiner Wohnung sein, in dem ich gerne einkaufe und sehe, was an Neuigkeiten da ist. Das sind aber auch Accounts von mir unbekannten Frauen (Instagram bräuchte eigentlich eine Männerquote!), die ihr Sportprogramm zeigen, was bedeutet, dass sie unweigerlich auch ihre Körper zeigen. Das schaue ich mir zur Unterhaltung tatsächlich ab und an ganz gerne an – ich bevorzuge Frauen, die Text zu den Photos verfassen, nicht nur drei Hashtags dazustellen –, habe aber gemerkt, dass es mich schnell langweilt, wenn ich sie abonniert habe und dann zwei Mal täglich ähnliche Inhalte angezeigt bekomme. Ich selbst poste gar nichts, bin nur passiv unterwegs und rezipiere.

Hunde, Fitnessmädels, Bücher

In der App gibt es eine Funktion, die mir auf Basis meines Nutzungsverhaltens Vorschläge von Photos und Videos macht, die mir gefallen könnten. Das ist manchmal eine ganz schön krude Mischung, für die ich mich ein bisschen schäme. Interessanterweise werden nämlich so weit ich das beurteilen kann nicht die Hashtags, denen man mittlerweile auch folgen kann wie bei mir zum Beispiel #organspende berücksichtigt. Dafür erscheinen dort überproportional häufig Hundevideos, da ich es manchmal in schwachen Momenten nicht lassen kann, mir Laien-Aufnahmen von Welpen anzusehen… Die werden dann angezeigt neben halbnackten Yoga-Mädels und den Buchempfehlungen von Verlagen. Strange! Schön sind dann noch meine temporären Interessen. Nach Olympia bekam ich noch vier Wochen lang die Photos von Eiskunstläufern gezeigt, die ich in meiner Begeisterung über die sportliche Leistung aufgerufen hatte.

Instagram verändert die Welt

Der ZEIT-Magazin-Artikel beschreibt, wie Instagram die Welt verändert. Restaurants richten sich immer heller ein, weil die Chancen auf ein gutes Photo des schick hergerichteten Tellers dann deutlich besser sind. Museen stellen Spiegel auf, damit die Besucher leichter Selfies machen können, Städte den eigenen Namensschriftzug, damit er möglichst häufig fotografiert und gepostet wird. Amend kann das zum einen nachvollziehen, ist zum anderen aber auch irritiert – durchaus gerechtfertigt, wie ich finde. Denn mit der Realität des tatsächlichen Lebens hat das nicht allzu viel zu tun. Amend freut sich daher, dass es auch Bereiche gibt, die sich Instagram entziehen. Unter dem Hashtag #GedimmtesLicht hat er nur 22 Einträge gefunden.