Eva im Glück

Noordwijk, 4.10.2017. Ich bin ein Glückskind – und die meiste Zeit bin ich mir dessen auch bewusst. Was mich zurzeit aber wirklich manchmal ganz betrunken macht ist die Situation, in der ich mich befinde und die mir noch vor ein paar Wochen so abstrakt vorkam.

Hier trifft sich „die Branche“: Eurotransplant-Kongress rund um Organspende in Holland

Heute morgen bin ich von Frankfurt nach Amsterdam geflogen, dann mit Zug und Bus weiter nach Noordwijk aan Zee gefahren. In diesem Hauptbadeort der Niederländer findet bis Freitag der Jubiläumskongress von Eurotransplant statt. Eurotransplant ist eine Service-Organisation, gegründet 1967 in Leiden, und für die Zuteilung von Spenderorganen in acht europäischen Ländern verantwortlich. Neben Deutschland sind das die Niederlande, Belgien, Kroatien, Luxemburg, Österreich, Ungarn und Slowenien.

Eurotransplant erklärt die Vorteile des Verbunds auf seiner Website wie folgt:
In diesem Einzugsgebiet leben circa 135 Millionen Menschen. Die Vorteile der internationalen Zusammenarbeit ergeben sich zum einen aus einem gemeinsamen Spender-Meldesystem und einer zentralen Warteliste. Zum anderen wird die Erfahrung von Medizinern und wissenschaftlichen Mitarbeitern bei Eurotransplant gebündelt, um die Verteilungsregeln von Spenderorganen auf der Basis von wissenschaftlichem Kenntnisstand und medizinischer Expertise zu verbessern.

Auf der zentralen Warteliste stehen gegenwärtig ungefähr 15.000 Patienten. Diese große Anzahl von Patienten macht es möglich, fast jedes Spenderorgan einem geeigneten Empfänger zuzuordnen. Aufgrund des Patientenpools ist häufig das ‘Perfect Match’ möglich.
Eurotransplant bezieht bei der Zuteilung von Organen verschiedene Merkmale, wie z. B. die Blutgruppe und den Gewebetyp des Spenders und des Empfängers, mit ein. Die Resultate von Transplantationen werden auf diese Weise optimiert und Patienten wird eine höhere Lebensqualität ermöglicht. Pro Jahr werden durch Eurotransplant ca. 7000 Spenderorgane erfolgreich vermittelt. Dank der internationalen Zusammenarbeit steigen die Chancen für hochdringliche Patienten. Die Solidarität unter den Mitgliedsländern erlaubt es zudem, spezifischen Patientengruppen wie z.B. Kindern und Patienten mit seltenen Blutgruppen oder Gewebetypen effizient zu helfen.

Einsichten erhalten, Spezialistin werden

Von diesem kurzen Eurotransplant-Abstecher zurück zu mir, meinen Glücksgefühlen und wodurch sie ausgelöst werden. Ich habe mir seit langem nicht mehr die Zeit genommen, mich in ein Thema tiefer einzuarbeiten. Natürlich habe ich mir mit jedem Jobwechsel neue Bereiche erschlossen und Dinge gelernt, von denen ich zuvor noch nie etwas gehört hatte. Aber mit meiner jetzigen Hinwendung zum Journalismus habe ich die Möglichkeit respektive den Anspruch, mich in bestimmten Themen zu einer Spezialistin zu entwickeln. Die Organtransplantation soll ein solches sein, und in den kommenden zwei Tagen will ich hier im leicht angestaubten Strandhotel van Oranje alles aufsaugen, was ich aufsaugen kann.
Einen ähnlich beglückenden Moment hatte ich vergangene Woche in Leipzig, als ich Prof. Dr. Ulrich Hegerl, eine Koryphä̱e in der Depressionsforschung, interviewen durfte. Das ist ein weiterer Aspekt, den mir der Journalismus ermöglicht, das, was ich auch schon früher an ihm genossen und immer vermisst habe: Da kommt ein kleines Lichtchen wie ich, löchert anderthalb Stunden einen Experten auf seinem Gebiet und bekommt tatsächlichen Antworten und Einsichten. Glückskind eben.