Ich bin verliebt – mit Leipzig passt’s einfach

Leipzig, 28.8.2017. Wenn Frankfurt der Lebensabschnittsgefährte meines vierten Jahrzehnts ist, war Leipzig die erste große Liebe meines Lebens – nach einer kurzen Affäre mit einer Landpomeranze. In Leipzig habe ich eine der schönsten Phasen meines Lebens verbracht (studieren zu dürfen ist etwas Großartiges, und im Gegensatz zu meiner Schulzeit habe ich das auch schon während dieser Zeit kapiert). In Leipzig habe ich das erste Mal Stolz gespürt für die Stadt, in der ich lebe. In Leipzig habe ich eine meiner prägendsten Freundschaften geschlossen.

Gerade habe ich die große Liebe mal wieder besucht. Und es lohnt sich noch immer.
Aber der Reihe nach.

Erste Annäherung

Das erste Mal bin ich im Mai 1996 hingefahren – eine Art Blind Date. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich gerade in Rekordzeit mein Vordiplom an der Uni in Bamberg abgelegt. Nicht, weil ich so strebsam war, sondern weil ich schnell wieder weg wollte aus Franken. Gegen Bamberg ist wie gegen viele provinzielle Gemüter nichts einzuwenden, aber es hatte nicht gefunkt zwischen uns. Mit meiner Fächerwahl war ich auch nicht glücklich – Journalistik nur im Nebenfach, Germanistik im Hauptfach, Psychologie als zweites Nebenfach –, vom Studieren selbst aber fasziniert. Deshalb entschied ich mich zu wechseln, und Diplom-Journalismus im Hauptfach existierte damals an der Uni Leipzig und an der Uni Dortmund. Ich kannte beide Städte nicht, aber der Ruhrpott kam mir, völlig zu Unrecht wie ich heute weiß, unattraktiv und langweilig vor. Haken in Leipzig war nur: Man musste einen Aufnahmetest machen.

Bei diesem ersten, zweitägigen Kennenlernen – ich denke, es war im Mai 1996 – war ich noch schüchtern. Der Test und die Nervosität, die er bei mir hervorrief, ließen mich Leipzig nur eingeschränkt wahrnehmen. Zudem war ich zurückhaltend, weil ich ja noch nicht wusste, ob ich genommen werde. Trotzdem gefielen mir die Stadt mit ihrer Architektur, ihren Menschen, ihrer alten und jungen Geschichte direkt viel besser als Bamberg. Ich erinnere mich noch an meine Ehrfurcht vor dem Denkmal für Felix Mendelssohn-Bartholdy vor dem Gewandhaus und an das „Runde Eck“, die ehemalige Stasi-Zentrale. Zudem an den Blick in die Nikolaikirche, die eine der Ausgangsorte der friedlichen Revolution ein paar Jahre zuvor gewesen war. Das war endlich eine Großstadt! Mit Bedeutung! Und so hatte ich mich mindestens schon verguckt, als die Zusage für das Journalistik-Studium ab dem Wintersemester 1996/97 kam.

Leipzig, Deine Bauten! Leipzig, Deine Bedeutung!

Leipzig hat sich in den vergangenen 20 Jahren verändert. Nicht mehr wiederzuerkennen ist zum Beispiel das Unigelände am Augustusplatz, das seit den 2000er Jahren durch viele Neubauten ergänzt wurde. Vergangene Woche fand die Übergabe der neuen Aula statt, deren aufsehenerregende Fassade an die bis 1968 an diesem Platz stehende St. Pauli-Kirche erinnert. Aber grundsätzlich gefällt mir das, was mich als Studentin angesprochen hat, auch heute noch. Die vielen Studenten in der Innenstadt und auf dem Sportcampus an der Jahn-Allee, die gute Mischung aus Ossis und Wessis, die aufgeschlossene, kreative Atmosphäre, das Wissen, das hier Geschichte geschrieben wurde von mutigen Menschen, die Architektur der Messehäuser, aber auch von DDR-Bauten wie dem Gewandhaus oder dem „Weisheitszahn“ (heute offiziell City-Hochhaus Leipzig), das zumindest vom Krieg unversehrte Waldstraßenviertel und der angrenzende Stadtteil Gohlis, die großen Parks. Leipzig und ich – das passte und passt einfach.

Eine Freundschaft zum Verlieben

Das Wertvollste aber, was ich aus meiner Leipzig-Zeit mitgenommen habe, ist eine Freundschaft, die direkt in den ersten Tagen des Wintersemesters 1996/97 entstanden ist und die bis heute besteht. Sie hat entscheidend dazu beigetragen, dass ich mich in Leipzig so wohl gefühlt habe und dass ich mich so positiv erinnere. Angeblich haben wir uns das erste Mal vor dem damals noch existierenden Paternoster im Uni-Turm gesehen. Meine erste Erinnerung ist das gemeinschaftlich absolvierte Seminar „Darstellungsformen“ (im Sächsischen auch „Schanger“ genannt – Journalisten dürften wissen, welcher Begriff gemeint ist). Für diese Freundschaft, die alle Vorteile der Freundschaft im Vergleich der Liebe mit sich bringt, werde ich Leipzig für immer lieben.

Meine fünf Lieblingsorte in Leipzig:
Aufwachen im Grandhotel Handelshof
Joggen oder Spazierengehen im Rosental
Besuch des Museum für Angewandte Kunst im Grassi
Lauwarmer Kartoffelsalat im Café Luise
Motette in der Thomaskirche

Und direkt gegenüber der Thomaskirche gibt’s ein sehenswertes Geschäft der mir bestens vertrauten Deutschen Werkstätten Lebensräume. Besuchen!